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Styx – Das selige Vergessen

Theater mit Botschaft

Aufführung des Literaturkurses im Forum

Das Thema des Stücks ist die Erinnerung. Ist sie überhaupt nützlich und gehört sie wirklich so sehr zu unserer Persönlichkeit, wie wir immer behaupten? Was macht unser digitaler Alltag mit unseren Erinnerungen und Persönlichkeiten, wie verändert er unsere Erinnerungskultur? Es ist ein modernes Stück, das die drängenden Fragen stellt, die sich aus der schönen neuen Medienwelt ergeben. Es ist aber auch ein Stück, das keine einfachen Antworten liefert. Im Original handelt es sich um ein in einem Literaturkurs einer anderen Schule entstandenes, selbst verfasstes Stück (Titel “Lethe”). Der Kurs hat es jedoch stark verändert und umgeschrieben.

Theater spielen, aber mit Botschaft, das kann der Literaturkurs der Q1 des Rupert-Neudeck-Gymnasi-ums. Am 19. Juni 2019 führte der von Frau Hesemann geleitete Kurs das Stück „Styx – das selige Vergessen“ auf, am folgenden Freitag in der dritten bis vierten und der fünften bis sechsten Stunde auch für die Schüler des Gymnasiums. Eine bewegende Geschichte über Erinnerungen und Vergessen, das versprach schon das Vorwort des Programmheftes, in dem es hieß „Erinnerung – das ist es, was das Individuum ausmacht! Doch was ist der Mensch ohne Erinnerung?“ Dieses fragte sich Lethe (gespielt von: Marit Treige) auch. Nachdem sie nach einem Autounfall ihr Gedächtnis verliert, verfolgt sie ihre Vergangenheit überall hin. Doch was soll sie machen, wenn jeder mehr über sie weiß, als sie selbst und ihr Dinge vorgewor-fen werden, an die sie sich nicht mehr erinnern kann? Ihre Mutter ist verzweifelt, ihr Vater (Matthis Kallabis) glaubt ihr nicht, dass sie ihr Gedächtnis verloren hat, genauso wie der Rest ihres Freundes-kreises. Völlig überfordert schickt Lethes Mutter (Lara Sakakkini) sie zu einer Psychologin (Susan Sid-diqui), die ihr helfen soll, ihr Gedächtnis wiederzuerlangen. Doch die Psychologin erkennt, dass dies nicht so schnell erfolgen wird und hilft Lethe vor allem, mit den Anschuldigungen und ihrem alten Ich klarzukommen. Lethe ekelt sich nämlich selber vor ihrem eigenen Ich. Ihr altes Ich spielte die Rolle einer bekannten Influencerin mit Herz und Seele. Wie Lethe nachher erfahren soll, hat sie es selbst gefilmt und gepostet, als sich ihre besten Freundin Marie (Paula Busse) in einer für sie sehr unange-nehmen Situation befindet. Marie wird als Folge schikaniert und gemobbt, in der Schule, sowie auch im Internet. Selbst nachdem sie die Schule gewechselt hat, haben die Schüler der neuen Schule das Video schon gesehen und sie wird weiterhin gemobbt. Gleichzeitig denkt Lethes gesamter Freundes-kreis inklusive des eigenen Vaters, sie gebe absichtlich vor, ihr Gedächtnis verloren zu haben, um die Strafen zu umgehen, die ihr drohen. Und während alle Lethe vorgeben, jemand zu sein, vor dem sie sich mittlerweile ekelt, hilft die Psychologin ihr gekonnt, sich wieder in ihrem Leben zurecht zu finden und sich Klarheit über ihr Umfeld zu schaffen. Der Theaterkurs arbeitet geschickt mit Zeitstillstand, sodass nur die relevanten Personen handeln, die handeln sollen, alle anderen stehen still. Das ver-leiht dem Stück etwas sehr Besonderes. Auch der Titel passt wie die Faust auf das Auge: Styx ist ein Fluss, übersetzt der Fluss der Unterwelt oder der Fluss des Vergessens. Ein anderes Wort für Styx ist übrigens Lethe, deswegen passt auch dieser Name perfekt, so treibt sie nun auf der Suche nach sich selbst durch den Fluss des Vergessens. Insgesamt hat der Literaturkurs wieder einmal gezeigt, was sie alles auf Lager haben, neben dem sehr historischen Stück des vergangenen Jahres jetzt einmal ein sehr modernes und gerade bei den Ju-gendlichen sehr aktuelles Stück, das besonders die jungen Besucher thematisch in ihrer Lebenswelt erreichte und zum Nachdenken anregte.

Von Leonie Glanemann, 8b